RECHTSLAGE
OVG NRW: Baugebietsbezogene Festsetzung der Geschossfläche zur Steuerung zulässiger Verkaufsflächen in "Angebots-Bebauungsplänen" unwirksam
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat in seinem Urteil vom 4.2.2013 (Az: 2 D 108/11.NE) einen Bebauungsplan für unwirksam erklärt, in dem eine Stadt für einzelne Kern- und Sondergebiete Geschossflächenobergrenzen festgesetzt hat, um hierdurch die zulässige Verkaufsfläche zu begrenzen.
Bereits in 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht die baugebietsbezogene Festsetzung von Verkaufsflächenobergrenzen ohne Vorhabenbezug in Sondergebieten für unzulässig erklärt (BVerwG 4 CN 3.07), da die hieraus für das Gebiet resultierende Kontingentierung das Tor für ein sog. "Windhundrennen" potenzieller Investoren eröffnet, welches Grundeigentümer innerhalb des Gebietes im Falle der Erschöpfung des Kontingents von der jeweiligen Nutzung ausschließen würde. Mit anderen Worten: Schöpfte ein Bauherr in einem mehrere Grundstücke umfassenden Baugebiet das komplette Verkaufsflächenkontingent mit seinem Vorhaben aus, könnten die übrigen Grundstückseigentümer von dem eigentlich gewährten Baurecht keinen Gebrauch mehr machen. Dies widerspreche dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrunde liegenden Regelungsansatz, demzufolge im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede zulässige Nutzung in Betracht kommen können soll.
Diese Sichtweise hat nun das OVG Münster auch auf die vorhabenunabhängige Festsetzung von absoluten Geschossflächen in sog. Angebotsbebauungsplänen übertragen, denn letztlich würde auch hierdurch das sog. "Windhundrennen" theoretisch ermöglicht.
Dem kann dem Urteil zufolge, nur entgegengewirkt werden, wenn ein hinreichender Vorhaben- oder Grundstücksbezug der Geschossflächenregelung hergestellt wird, etwa dadurch, dass sich aufgrund der Festsetzungen faktisch nur ein Betrieb ansiedeln kann.
Aufgrund dieser Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl von sog. Angebotsbebauungsplänen, in denen Sondergebiete für großflächige Einzelhandelsnutzungen mit entsprechenden Verkaufsflächenobergrenzen festgesetzt sind, latent unwirksam sind und daher zumindest theoretisch anfechtbar sind.
Dies kann für Immobilieneigentümer und -mieter sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Im besten Fall kann eine bestehende Verkaufsflächenbeschränkung hinfällig werden und somit weitreichendere Nutzungen ermöglichen, z.B. wenn vor Inkrafttreten des angefochtenen B-Plans eine uneingeschränkte Handelsnutzung zulässig war.Wurde dagegen ein Baugebiet erstmals beplant, wäre die Zulässigkeit von Handelsnutzungen nach § 34 BauGB zu beurteilen, wobei neben den Kriterien des Einfügens (§ 34 Abs. 1 BauGB) und des faktischen Gebietscharakters (§ 34 Abs. 2 BauGB) auch mögliche schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu berücksichtigen sind. Im Worst-Case aber könnte auch die Zulässigkeit von (bestehenden) Handelsnutzungen gänzlich entfallen, wenn diese etwa in einem vormals rechtskräftigen Bebauungsplan nicht gegeben war.
Eigentümer wie auch Projektentwickler von Handelsimmobilien sind insofern gut beraten, sich mit den jeweils geltenden Bebauungsplänen intensiv auseinanderzusetzen und in Zweifelsfällen fachanwaltlichen Rat einzuholen. Sollten Sie hierzu weitere Informationen oder Hilfe bei der Suche nach dem richtigen Partner benötigen, nehmen Sie Kontakt zu uns auf. In allen sonstigen Fragen rund um die Handelsimmobilie stehen wir Ihnen selbstverständlich ebenfalls gerne zur Verfügung.